Seebergen wird 300 – ein schönes Jubiläum, gefeiert und in Stein gemeißelt in drei Hinkelsteinen an den Zufahrten zu Bergstraße, Mühlenberg und Meinershauser Straße. 300 Jahre sind eine lange Zeit für das Leben eines Dorfes und die Entwicklung einer Gemeinschaft. Aus der Sicht eines Hinkelsteins mag das ganz anders aussehen. Nur – woher kommen unsere drei neuen Mühlen-Steine und wie alt sind sie? Eines wissen wir: aus der Flanke des Seebargen, des Hexen- oder Fuchsbergs wurden sie nicht gefördert, dazu ragen diese nicht weit genug aus der Norddeutschen Tiefebene. Welcher Seeberger Radfahrer spürt schon in den Beinen ob er den Gipfel des Seebargen erklimmt oder hinabrollt?

Über Herkunft und Alter der im Bremer Umland gefundenen „Findlinge“ geben ihre Gestalt und ihre Minerale Aufschluss. Die drei großen Steine haben eine glatte Oberfläche und eine rundliche Form mit jeweils ebener Grundfläche, der größte von ihnen (an der Bergstraße) hat einen konischen Zuschnitt. Man nennt solche Gesteinsformen „Geschiebe“, im englischen Sprachraum werden sie mit dem schönen Sprachbild „flat iron“ (Bügeleisen) bedacht. Während der letzten Eiszeit wurden sie, festgefroren an der Unterseite eines Kilometer mächtigen Eispanzers, aus Norden von Skandinavien nach Deutschland geschoben, dabei von Eis und mitgeführten Sand- und Tonpartikeln geschliffen und poliert. Manch gröberes und härteres Korn kratzte bei diesem Transport seine Spur als parallele „Kritzen“ in die Politur.

Die letzte Eiszeit begann vor etwa 115.000 Jahren und ging vor 12.000 Jahren zu Ende. Seither befinden sich unsere zugereisten Geschiebe also in Norddeutschland. Und davor? Für diesen Teil der Geschichte schauen wir uns ihre Zusammensetzung an.
Die beiden Findlinge bei 53°08’35.4″N 8°58’18.3″E* und 53°08’05.7″N 8°58’52.5″E** bestehen aus bis zu mehreren Zentimeter großen, richtungslos verteilten weißgrauen Quarzkristallen, hellgrau und rosa Feldspäten und kleinen schwarzen Glimmerplättchen. Diese „Granite“ kristallisieren mehrere Kilometer unter der Erdoberfläche bei langsamer Abkühlung einer „Magma“ genannten Gesteinsschmelze.
Bei dem dritten Findling (53°07’52.0″N 9°00’08.6″E***) sind die gleichen Minerale (plus einige nadelförmige schwarze Amphibole) viel feinkörniger ausgebildet und in hellen und dunklen Schlieren angeordnet. Solche „Migmatite“ entstehen wenn ein Granit wieder auf Temperaturen über 650°C aufgeheizt, seine Minerale mobilisiert und deformiert werden. Diese Bedingungen sind typisch für Gebirgsbildungen, infolge einer Kollision von Kontinenten.

Skandinavische Granite sind sehr alt – bis zu 2 Milliarden (2.000.000.000!!!) Jahre! Selbst ihre jüngsten Vertreter haben mit etwa 400 Millionen (400.000.000) Jahren viel Zeit auf dem Buckel. Um diese Zeit fand die sogenannte Kaledonische Gebirgsbildung statt, die viele Granite in Migmatite umwandelte. Ihr seht, unsere Steine haben eine Menge erlebt bevor sie nun ihren Altersruhestand in Seebergen finden.

Frank Lisker

UND HIER DIE ERSTEN BESUCHER DER STEINE:

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